Gemeinwohl. Nachhaltigkeit. GrünePolitik. Zukunft der Arbeit.

Beiträge mit Schlagwort ‘zukunftderarbeit’

Der Hobbyhimmel organisiert sich selbst!

IMG_0229

Martin Langlinderer hatte vor fast 4 Jahren die Idee, eine Offene Werkstatt zu gründen: einen Treffpunkt an dem Menschen ihre Hobbys pflegen, ihr Wissen teilen und ihrer Kreativität freien Lauf lassen können. Ein Ort auch der Nachhaltigkeit: Es braucht nicht jeder teure Werkzeuge, sie können hier gemeinschaftlich genutzt werden.

Offene Werkstätten stehen allen zur Verfügung, die handwerklich oder künstlerisch in Eigenarbeit aktiv sein wollen – Junge und Alte, Frauen und Männer, Laien und (Halb-) Profis, Künstler und Bastler, Maker und Tüftler, Einzelne und Gruppen sind willkommen.

Die Idee wurde Realität und nun gibt es den Hobbyhimmel schon fast 2 Jahre. Viele MitmacherInnen treffen sich hier, organisieren Workshops, es wird repariert, geschraubt, up-, down- und recyclet, geschweißt und Fahrräder gewartet. Regelmäßig findet hier das Repair Café statt, und auch Firmen nutzen den Hobbyhimmel für Workshops und als Werkstatt. Neue Trends und Ideen werden hier entwickelt wie z.B. Urban Gardening.

Nun gibt’s den Hobbyhimmel schon fast 2 Jahre und Martin hat bisher als Initiator vieles alleine getragen. Doch seine Idee ist noch nicht in vollem Umfang umgesetzt: Er hat die Vision einer sich selbst organisierten Offenen Werkstatt. Die MitmacherInnen übernehmen gemeinsam die Verantwortung für den Hobbyhimmel. Dazu bedarf es eines rechtlichen Rahmens nach außen (Verein, gGmbH, Genossenschaft…) zur Deckung der formalen Verantwortung. Aber viel wichtiger ist die interne Organisation: Wie funktioniert der Hobbyhimmel weiter, auch ohne eine „Leitung“.

Es gibt gute Möglichkeiten, sie erfordern Engagement und Verantwortung. Eine „Teal Organization“ nach dem Konzept von Frederic Laloux ist ein erprobtes und erfolgreiches Zusammenarbeitsmodell. Und zwar ganz anders als das was wir heute als Arbeit kennen: kleine selbstorganisierte Teams arbeiten zusammen und treffen ihre Entscheidungen. Diese Teams sind vernetzt mit allen anderen und bilden eine Organisation mit einem gemeinsamen Ziel und Sinn. Keine hierarchische Macht hat hier das Sagen, sondern jeder einzelne bringt sich ein und übernimmt dafür Verantwortung.  Und das ist der große Unterschied: die Menschen werden wieder miteinbezogen in den gesamten Prozess.

Basisdemokratie wird in diesem Zusammenhang oft erwähnt. Aber das alleine ist es nicht. Denn man stimmt nicht nur für oder gegen einen Vorschlag, den irgendjemand macht. Sondern jeder hat das Recht und die Pflicht, aktiv mit zu gestalten.

Nun hat Martin seine Idee, wie sich der Hobbyhimmel zukünftig aufstellen könnte, seinen MitmacherInnen präsentiert. Er selbst wird wie geplant im Oktober seine alleinige Verantwortung an die Gemeinschaft übergeben. Er schlägt vor, themenbezogene Teams zu bilden, die in ihrer Ganzheit alle heutigen Themen und Aufgaben übernehmen. Die MitmacherInnen können sich selbst ihrem Wunschteam zuordnen.

Die MitmacherInnen hatten viele Fragen:

  • Wie lange geht dieses Experiment?
  • Wer entscheidet wann sich die Teams treffen?
  • Wer sagt den Teams was sie zu tun haben?
  • Was passiert, wenn Zusagen nicht eingehalten werden?
  • Wie treffen Teams ihre Entscheidungen?

Das Experiment geht so lange, wie der Hobbyhimmel besteht. Denn der heutige alleinige Verantwortliche gibt seine ab an die Gemeinschaft. Und diese Gemeinschaft kann jetzt frei gestalten: wann sie sich treffen wollen, was sie tun möchten oder sollten und wie sie mit Unzuverlässigkeit umgehen.

Das Thema Entscheidungen ist ein sehr wichtiges. Denn wir sind es ja nicht mehr gewohnt, Entscheidungen zu treffen: In der Arbeitswelt macht das der Vorgesetzte, in der Gesellschaft die Politik. Wir müssen das wieder lernen und dazu gibt es auch unterschiedliche Möglichkeiten: der Mehrheitsbeschluss, oder das systemische Konsensieren. Bevor Entscheidungen fallen, empfiehlt es sich, möglichst viele Meinungen und Fachwissen einzuholen. Nur so kann eine für alle Beteiligten gute Entscheidung getroffen werden. Nicht der Höhere / Stärkere entscheidet, sondern die Betroffenen und Beteiligten.

Die MitmacherInnen waren teils skeptisch und teils unschlüssig. Klar, bisher hat Martin sich um alles gekümmert, jetzt steht eine Veränderung an. Viele haben sich schnell ein Flipchart Papier geschnappt, aufgehängt und den Namen ihres Teams draufgeschrieben. Hier kann sich nun jeder eintragen, der mitorganisieren möchte. In vier Wochen gibt’s das nächste Meeting: Dort werden die ersten Aktivitäten geteilt. Ich bin neugierig.

Der Hobbyhimmel ist offen für jedermann und jederzeit. Wenn Du mitmachen möchtest, kannst Du das jederzeit tun. Ob als Werkstattnutzer oder auch als Mitmacher in der Orga. Es wird spannend!

IMG_0234